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Salzuflen
Bad Salzuflen/Dörentrup
(nok). „Ein Herz für Jan-Pascal“ – unter diesem Motto stellten sich der
„Freundeskreis TBV Lemgo“ sowie die Jugend-abteilung des TuS
Spork-Wendlinghausen beim Erntedankmarkt am Schloss Wendlinghausen in
den Dienst der guten Sache und stießen dabei bei den Besuchern auf
offene Ohren. 824 Euro wurden in diesen Tagen übergeben.
Mit der Aktion erinnerten die
beiden Gruppen an den tragischen Unglücksfall, bei dem der damals
sechsjährige Jan-Pascal Hiltscher beim Spielen in die kalte Bega
gefallen war und erst nach rund 45 Minuten aus dem eiskalten,
hochwasserführenden Fluss gerettet werden konnte. Der vorübergehende
Sauerstoffmangel führte zu schweren Hirnschäden. Jan-Pascal lag
wochenlang im Koma und litt auch nach seinem Erwachen unter schwersten
Störungen, war quasi bewegungsunfähig. Aus Behördensicht war der damals
Sechsjährige ein Pflegefall.
Jan-Pascals Eltern, Reinhard und
Bärbel Hiltscher, wollten dieses Schicksal nicht einfach hinnehmen.
Trotz enormer finanzieller (der Junge war bei diesem Unfall in Gegensatz
zu einem Verkehrsunfall oder einem Schulwegsunfall nicht versichert) und
organisatorischer Schwierigkeiten entschieden sich die Eltern, die
Pflege und die Rehabilitation ihres Sohnes selbst zu übernehmen. Dazu
musste Reinhard Hiltscher seinen Beruf aufgeben. Die Wohnung wurde
behindertengerecht umgebaut. Sehr aufwendige Therapien im In- und
Ausland waren nötig. Und das weitestgehend aus eigenen Mitteln.
Schon damals gab es mehrere
Spendenaktionen, welche zum Beispiel hoffnungsvolle Therapien in Amerika
ermöglichten. „Ohne diese Unterstützung hätten wir vermutlich auf
verschiedene Behandlungen verzichten müssen“, erinnert sich Reinhard
Hiltscher.
Auch zehn Jahre nach dem Unfall
ist die Situation unverändert. Jan-Pascal braucht weiterhin eine
tägliche Rundumbetreuung. Notwendige Heilbehandlungen und Therapien
werden von der Krankenkasse nur teilweise getragen. „Damals wurde ein
Leben gerettet, doch danach fiel dies in ein soziales Loch“, wird die
eigentlich bis heute andauernde Situation in einer Broschüre eines
Fördervereins „Doman-Hilfe für Schwersthirngeschädigte Kinder e. V.“
beschrieben.
Was mit diesem „sozialen Loch“
gemeint ist, wird in den Rehabilitations-Perspektiven deutlich. Einmal
pro Jahr muss der Junge zu einem rund sechswöchigen Therapie-Aufenthalt
in eine Klinik in Lindlar bei Köln. Auch die bereits mehrfach angewandte
Doman-Therapie (dazu sind Aufenthalte |
2. November 2002 – Seite 26
in Amerika notwendig), sowie
eine Sauerstoffüberdrucktherapie in England sind erfolgsversprechende ,
aber auch sehr kostenintensive Behandlungen, die von der Familie
weitestgehend selbst getragen werden müssen. Derner muss das
Privatfahrzeug der sechsköpfigen Familie behindertengerecht ausgebaut
werden. Auch dies ist mit erheblichen Zusatzkosten verbunden.

„Da freut man sich natürlich
über jegliche Unterstützung“, betonte Reinhard Hiltscher gegenüber
dieser Zeitung und freute sich mit seiner Familie über die jüngste
Spende aus Dörentrup, die von Bärbel Bunte und Regina Netzer übergeben
wurde. Diese hatte für ihn sogar noch eine Besonderheit. „Hier haben
sich ja sogar Kinder mit einem Flohmarkt für Jan-Pascal eingesetzt. Das
war einfach toll und zollt allergrößten Respekt“, lobte er das
Engagement der Jugendlichen ohne das des TBV-Freundeskreises
zurückstellen zu wollen.
Zur Pflege und Betreuung ihres
Sohnes benötigt die Familie Hiltscher allerdings nicht ausschließlich
finanzielle Unterstützung. Auch ideelle Hilfe ist gefragt. So zum
Beispiel bei der pädagogischen Betreuung. Bis vor kurzem wurde
Jan-Pascal von einem Lehrer dreimal wöchentlich mit einem Intelligenz-
und Lernprogramm betreut. Eine Aufgabe, die zuvor ebenfalls von den
Eltern übernommen wurde. In mühevoller Kleinarbeit erstellten sie ein
individuelles Programm für ihren Jungen. Die aufgeklebten Bilder,
Schilder und Wortspiele füllen heute einen ganzen Kellerraum. „Wir
würden uns sehr darüber freuen, wenn vielleicht ein Lehrer oder eine
Lehrerin im Ruhestand einmal wöchentlich ehrenamtlich mit unserem Jungen
arbeiten würde“ hofft Bärbel Hiltscher auf eine kleine Entlastung bei
der nicht einfachen Rundumbetreuung ihres Sohnes. Wer Interesse an einer
solchen Aufgabe hätte, wird gebeten sich unter der Rufnummer
(05222)50639 mit der Familie Hiltscher in Verbindung zu setzen.
Bedanken kann Jan-Pascal sich
für die Hilfe und Unterstützung selbst leider nicht. Es ist aber schön,
in ein zufriedenes, glückliches Gesicht zu schauen und dabei zu wissen,
jemandem Hilfebedürftigen eine kleine Freude bereitet zu haben.
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